Fast jeder erkennt die (Zitronen-)Melisse. Die Angelika dagegen, auch Engelkraut oder Engelwurz genannt, dürfte weit weniger bekannt sein. Dabei ist die stattliche Pflanze Bestandteil fast jeder Rezeptur des „Melissengeistes“ und dies sogar mit einem meist wesentlich höheren Anteil als die namensgebende Melisse. Der beliebte Gesundheitstrunk könnte also genausogut „Angelikageist“ heißen - oder „Engelsgeist“, das wäre ebenfalls ein schöner Name!
Angelika gehört zu den Doldenblütlern (Apiaceae). Sie zählt zu den wenigen Arzneipflanzen, die aus dem Norden kommen, in diesem Fall ursprünglich sogar aus Grönland, Island und Norwegen. Die griechischen Ärzte der Antike kannten sie deshalb nicht. Die Germanen nutzten sie dagegen sogar in der Küche.
In Mitteleuropa wurde die Pflanze in der Medizin anscheinend erst durch die große Pest in der Mitte des 14. Jahrhunderts allgemein bekannt. Nach einer Legende soll der Erzengel Raphael selbst die „Engelswurzel“ den Menschen als Schutz vor dem „Schwarzen Tod“ gezeigt haben. Deshalb hieß die Pflanze auch „Pestwurz“.
In der modernen Phytotherapie (Kräuterheilkunde) wird die Wurzel ebenfalls verwendet. Sie enthält ätherisches Öl und einen hohen Anteil an Bitterstoffen, daneben auch Gerbstoffe und Saccharose. Die Wirkstoffe regen die Magensaft- und Pankreassekretion an und fördern den Gallenfluss und die Nierentätigkeit. Zudem wirken sie krampflösend und hemmen das Wachstum von Bakterien und Pilzen.
Deshalb kann die Angelikawurzel zur Appetitanregung eingesetzt werden. Sie verbessert die Verdauung, lindert Magen-/Darm-Krämpfe und hilft bei Völlegefühl und Blähungen.
In der Erfahrungsheilkunde wird die Angelikawurzel auch bei Husten als antiseptisches, auswurfförderndes Mittel verwendet sowie bei Brechreiz und Menstruationsstörungen. Außerdem soll sie einen harntreibenden Effekt besitzen. Das ätherische Öl wird manchmal auch bei nervösen Schlafstörungen eingesetzt.
Äußerlich kann Angelikawurzel bei rheumatischen Beschwerden als leicht hautreizendes Mittel verwendet werden.
Die Pflanze ist also eine wirkliche „Engelwurz“. Dieses beachtliche Wirkungsspektrum ist wohl auch der Grund dafür, dass die Angelikawurzel in vielen Kräuterschnäpsen und Likören zu finden ist.
Literatur:
Johannes G. Mayer, Bernhard Uehleke, Pater Kilian Saum: „Handbuch der Klosterheilkunde“, ZS-Verlag München, S. 44-45.