Facebook

Instagram

Twitter

linkedin

Für Kopfschmerzen wird in der populär-wissenschaftlichen Literatur gerne eine Tannensalbe nach Hildegard von Bingen angegeben. Dafür ist diese Salbe aber eigentlich gar nicht gedacht:

"Nimm von der Rinde und den Nadeln dieses Baumes und schneid auch von seinem Holz winzige Stückchen ab, wenn der Baum grünt, wie es im März und im Mai der Fall ist, so dass er seinen Saft noch nicht verloren hat. Füg halb so viel Salbei hinzu, koch das zusammen kräftig in Wasser, bis es dick wird, und gib Kuhbutter dazu, die im Mai bereitet wird. Dann seih es durch ein Tuch und bereite so eine Salbe."

Als Indikationen gibt sie an: "Und wenn jemand am Kopf solche Beschwerden hat, dass er gichtbrüchig ist oder hirnwütig oder wahnsinnig, dann reib mit dieser Salbe zuerst sein Herz ein, damit nicht von deren Stärke sein Herz versagt. Dann rasiere seine Haare ab und reib seinen Kopf mit dieser Salbe ein und wiederhole es am zweiten oder dritten Tag, und sein Kopf wird seine Gesundheit wiedererlangen, und er wird zur Besinnung zurückkehren."
(Hildegard von Bingen, "Physica", 3. Buch, Kapitel 23)

Gegen Kopfschmerzen nennt Hildegard jedoch alleine in ihrer "Physica" mehr als zwei Dutzend andere Rezepte und Anwendungen.

Auch in der "Causae et curae" wird das Thema mehrfach aufgegriffen. In den Abschnitten 177 und 178 differenziert sie zwischen Kopfschmerzen und Halbseitenkopfschmerz (Migräne), nennt aber in beiden Fällen die Schwarze Galle als verantwortlichen Körpersaft. Im Verständnis der Humoralpathologie ist diese kalt und trocken, demzufolge galten fast alle Heilmittel, die Hildegard empfiehlt, als wärmend.

Im 267. Abschnitt empfiehlt sie Schröpfen gegen Beschwerden "im ganzen Kopf", wobei der Schröpfkopf im Übergang zwischen Hals und Rücken angesetzt werden soll. Alternativ nennt sie im 269. Abschnitt das Kauterisieren:

"Das Brennen aber, das heißt die Brandwunde, ist zu jeder Zeit gut und nützlich, denn wenn es vorsichtig geschieht, verringert es die Säfte und Schleime zwischen Haut und dem Fleisch und bringt dem Körper Gesundheit." Und weiter: "Wer an den Augen oder an den Ohren oder im ganzen Kopf Beschwerden hat, soll vorsichtig hinter den Ohren gebrannt werden und dort keinen Verband verwenden."

Ein Rezept zur äußerlichen Anwendung bei Migräne wird in Abschnitt 356 genannt: Aloe und doppelt so viel Myrrhe wird pulverisiert und nachfolgend mit Semmelmehl vermischt. Durch die Zugabe von Mohnöl entsteht eine Art Teig, der auf den ganzen Kopf aufgetragen werden soll. Unter einer Mütze soll man dies drei Tage und Nächte so belassen: "Die Wärme der Aloe und die Trockenheit der Myrrhe nämlich, vermischt mit der Milde des Semmelmehls und der Kälte des Mohnöls, beruhigt diesen Kopfschmerz, und der so zubereitete Teig gibt dem Hirn seine Fetthaltigkeit zurück."

Hildegard nennt in der "Causae et curae" noch ein paar weitere Rezepte, diese kommen aber auch alle in der "Physica" vor. Die meisten dieser Rezepte finden sich erwartungsgemäß im ersten der neun Bücher, das Kräuter und Grundnahrungsmittel beschreibt.

Gleich im 4. Kapitel empfiehlt sie in Wasser gekochte Gerste, "weil die Schärfe der Gerste dem Brennen und Wüten des Kopfschmerzes Widerstand leistet." Als Gesichtswasser bei rauer Haut sei dies ebenso wirksam, "da die Schärfe der Gerste die Schwäche der Haut beseitigt, indem sie dem Gesicht schönes Blut zukommen lässt."

Im 6. Kapitel empfiehlt sie bei Stirnkopfschmerzen weiße Erbsen, die zerbissen, mit reinstem Honig vermischt auf die Schläfen aufgetragen und mit einem Verband festgedrückt werden sollen. "Die Erbse ist zwar ein bisschen schleimig, aber die gute weiße wächst auf reiner Erde, und zu Brei zerbissen und auf die Schläfen gelegt - weil die Adern der Schläfen die Stärke der Stirn ausmachen - beseitigt sie die Spitze dieses Schmerzes. Auch mildert die Wärme des Honigs, der von verschiedenen Blüten gesammelt wurde, die Kälte des Schleims."

Im recht kurzen 14. Kapitel über Zitwer beschreibt Hildegard die äußerliche Anwendung eines Pulvers des Zitwerwurzelstockes: "Wer im Kopf große Schmerzen hat, soll mit diesem in ein Tüchlein gebundenen und in Wasser durchfeuchteten Pulver Stirn und Schläfen befeuchten, und es wird ihm besser gehen."

Das 30. Kapitel befasst sich mit dem Hirschzungenfarn und auch hier wird ein Pulver genannt: "Trockne Hirschzunge langsam in der brennenden Sonne oder auf einem warmen Ziegelstein, zerstoße sie und leck dieses Pulver nüchtern und nach dem Essen oft von der Hand und es beseitigt den Schmerz deines Kopfes und deiner Brust und unterdrückt andere Schmerzen, die in deinem Körper sind."

Sehr einfach ist die Anwendung mit Bockshornklee im 36. Kapitel: "Wenn jemand in seinem Kopf so große Schmerzen hat, dass er sogar verrückt zu werden scheint, soll er Bockshornklee unter seine Nase halten, und dessen Duft bekämpft den üblen Rauch dieser tosenden Säfte."

Beim Salbei (63. Kapitel) nennt sie folgendes Rezept: "Wenn eine Speise, die einen fauligen Saft enthält, einem Menschen Kopfschmerzen macht, soll er Salbei und Dost und Fenchel zu gleichen Teilen nehmen und vom Andorn mehr als von diesen allen zusammen und füge reichlich zu Brei gerührte Butter hinzu (und wenn er diese nicht hat, soll er Fett zufügen) und mache daraus eine Salbe, bestreiche das Haupt, und es wird ihm besser gehen."

Salbei und vor allem Olivenöl nennt Hildegard in sehr vielen äußerlichen Anwendungen, so eine Salbe aus zerstoßener Malve und doppelt so viel Salbei, übergossen mit Olivenöl (97. Kapitel), "wenn die durch verschiedene Fieber in Bewegung geratene Schwarzgalle das Hirn des Menschen schmerzen macht. (...) Das soll er von der Stirn über den Scheitel bis zu seinem Hinterhaupt auftragen, ein Tuch darumbinden und so drei Tage lang verfahren." Über Nacht soll dieser Verband mit Olivenöl oder Essig aufgefrischt werden.

Im 103. Kapitel wird eine Salbe aus Veilchensaft und Olivenöl im Verhältnis 3:1 genannt, die mit Bockstalg vermischt in einem Topf gekocht werden soll. Damit soll die Stirn quer eingerieben werden. Auch für äußerlich sichtbare Tumoren und gegen Parasiten empfiehlt Hildegard diese Salbe.

Im Kapitel zum Wermut (109.) schreibt sie: "Gieß also von seinem Saft reichlich in warmen Wein und wenn der Kopf eines Menschen schmerzt, befeuchte ihn ganz bis zu den Augen und bis zu den Ohren und bis zum Nacken, und tu das auf die Nacht, wenn Du schlafen gehst. Bedecke sein Haupt ganz mit einer wollenen Kappe bis zum Morgen: Es unterdrückt den Schmerz des Kopfes, der zu platzen droht, und den Schmerz, der von der Gicht im Kopf pulsiert, und auch den inneren Kopfschmerz."

Eine Salbe aus Eibisch und etwas weniger Salbei, zerstoßen und mit Olivenöl vermischt, nennt Hildegard im 142. Kapitel. Die Salbe soll vor der Nacht neben dem Feuer in der Hand aufgewärmt, auf die Stirn aufgetragen und der Kopf anschließend mit einem Tuch verbunden werden, "weil die Wärme des Eibischs und die Wärme des Salbeis und die Wärme des Olivenöls, durch fremde Wärme angeregt, den Schmerz des Gehirns, der von unechter Kälte kommt, vertreiben."

Der eher unbekannte Reiherschnabel wird im 145. Kapitel beschrieben. Hildegard empfiehlt ein Pulver dieser Pflanze zusammen mit Salz auf einem Brot zu essen, "weil die Wärme dieses Pulvers, vermischt mit der Wärme des Salzes, das feuchte und trockene Phlegma des Kopfes vertreibt."

Im 162. Kapitel schreibt sie: "Wer Kopfschmerzen hat, koche Muskateller-Salbei in Wasser, drücke das Wasser aus und lege ihn so heiß ringsum auf seinen Kopf und bedecke das Haupt mit einem Tuch, um so einzuschlafen, und es wird ihm besser gehen. Seine gute Wärme nämlich vermindert die verschiedenartigen Säfte, die den Kopf quälen."

Auch Weihrauch führt sie fälschlicherweise im ersten Buch, nämlich im 176. Kapitel: "Wer im Kopf Schmerzen hat, so dass er glaubt, dass sein Kopf zerspringt", soll Törtchen aus zerstoßenem Weihrauch und Semmelmehl mit Eiweiß zubereiten, dies auf beide Schläfen auflegen und mit einem Tuch locker verbinden. Diese Törtchen sollen, unter die Nase gehalten, auch die Augen klar werden lassen und das Gehirn erfüllen.

Im 3. Buch über die Bäume und Sträucher gibt es insgesamt sechs Anwendungen, davon fünf äußerlich. Im Kapitel zum Apfelbaum nennt Hildegard in Olivenöl eingelegte Sprossen des Baumes, die in der Sonne erwärmt werden sollen, zur Behandlung von Migräne. Das Öl soll auf das Haupt aufgetragen werden. "Denn der gute Saft dieser ersten Sprossen, vermischt mit dem guten und warmen Saft des Olivenöls und nochmals erwärmt und gegart an der sanften Wärme der Sonne, beruhigt die schädlichen sowohl warmen wie kalten Säfte des Menschen."

Im überaus umfangreichen Kapitel zum Pfirsichbaum wird Kopfschmerz nur eher beiläufig erwähnt: "Wer im Kopf Schmerzen hat, nehme Weizenteig, zerlasse Pfirsichharz darüber und lege es ungefähr eine Stunde so warm auf seinen Scheitel, und es wird ihm besser gehen."

Im Kapitel zum Mandelbaum heißt es: "Wem das Hirn leer ist und das Gesicht von schlechter Farbe und wer davon Kopfschmerzen hat, der esse oft die inneren Kerne dieser Früchte, und es erfüllt das Hirn und macht es munter und gibt ihm die richtige Farbe. Der gute Saft und die gute Wärme dieser Kerne bringt dem Gehirn Gesundheit und dem Gesicht eine schöne Farbe."

Beeren des Lorbeers sollen in einem Mörser zerstoßen, mit etwas Wein vermischt und dann auf die Schläfen und das ganze Haupt aufgebracht werden. "Wenn das geschehen ist, bedeck deinen Kopf, damit er warm wird und leg dich ins Bett. Wie stark die Schmerzen auch sind, der Schmerz wird zurückgehen, denn die mit der erhöhten Wärme des Weines vermischte Hitze dieser Beeren zerstört die Migräne, die von Kälte kommt."

Ein interessantes Rezept findet sich im Kapitel zum Ölbaum: Olivenöl mit etwas weniger Rosenwasser wird in einem Tiegel zum Kochen gebracht. Unterdessen zerstößt man in einem Mörser Nachtschattenfrucht und Brennnessel, seiht es durch ein Tuch und gibt diesen Saft zum erwärmten Öl und Rosenwasser und lässt es noch einmal aufkochen. Nach erneutem Abseihen ist die Salbe fertig. "Dann soll er sich, wenn er Kopfschmerzen hat, am Scheitel und an der Stirn und an seinen Schläfen mit dieser Salbe einreiben und seine Stirn und seine Schläfen mit einer wachsbestrichenen Leinenbinde umwickeln, damit diese Salbe nicht abgewischt wird. Die gute Wärme des Olivenöls leistet nämlich den kranken Säften des Kopfes Widerstand und die Wärme und die Kraft des Nachtschattens beruhigt die trockenen Säfte, von denen der Kopf schmerzt, und die Wärme der Brennnessel vermindert die Migräne. Der Scheitel wird deshalb mit dieser Salbe eingerieben, damit er der Kälte des Gehirns widersteht, die Stirn aber, damit sich die Leere des Gehirns füllt, die Schläfen schließlich, damit sich die Schläge und das Pochen der Adern beruhigen, und so wird der Kopfschmerz weichen."

Ein weiteres Rezept mit Olivenöl findet sich im Kapitel zum Weinstock. Beim Abschneiden der Reben soll man den Saft auffangen und diesen mit Olivenöl vermischen, "wobei das Öl die Menge dieser Tropfen übersteigen soll. Und wenn du Ohrenschmerzen hast, dann reib dich damit um die Ohren ein. Oder wenn du Kopfschmerzen hast, salb dein Haupt damit, und es wird dir besser gehen."

Im Buch zu den Steinen nennt Hildegard vier Anwendungen. Eher allgemein gegen Schmerzen aller Art nennt sie den Smaragd, "weil seine Grünkraft ein Heilmittel ist und seine Wärme und Härte den Schmerzen (...) Widerstand leistet." Bei leichten Schmerzen genüge es, den Smaragd einfach bei sich zu tragen, "wenn aber diese Übel in ihm derart aufwallen, dass sie sich vor lauter Sturm nicht zurückhalten können", so soll man den Smaragd an den Mund halten und mit dem Atem erwärmen. Anschließend soll man ihn im Mund herumführen.

Sarder kann man bei Kopfschmerzen einfach in der Kopfbedeckung tragen. Hier wird auch ein Spruch genannt: "Wie Gott den den ersten Engel in den Abgrund stürzte, so trenne er diesen Wahnsinn von dir N. ab und gebe dir gutes Bewusstsein zurück."

Im Kapitel zum Karfunkel schreibt Hildegard: "Und wer Kopfschmerzen hat, soll einen Karfunkel für eine kurze Weile auf seinen Scheitel legen, also so lange, bis sein Fleisch dort durch ihn warm wird, und soll ihn dann sofort wegnehmen, da die Kraft dieses Steins seinen Kopf schneller und mehr durchdringt, als es die wertvollste Salbe oder als es Balsam tut, und so wird es ihm im Kopf besser gehen, denn die Wärme des Karfunkels, die er von der Sonne und vom Mond hat, besänftigt jeden Schmerz, der bei Tag oder Nacht entsteht."

Und schließlich bei der Perle schreibt sie: "Wer Kopfschmerzen hat, soll Perlen an der Sonne erwärmen und so warm um seine Schläfen legen und mit einem Tuch darüber befestigen, und er wird geheilt werden, weil ihre salzige Wärme, mit der Sonnenwärme aktiviert, die Säfte, die den Kopfschmerz bringen, beruhigt."

Bei den geflügelten Tieren im 6. Buch nennt Hildegard nur ein Pulver aus getrockneter Käuzchenleber mit Fenchelfrüchten und Bockshornkleesamen, in einem Tuch auf Stirn und Schläfen gebunden. Auch hier nennt sie wieder die Wärme der einzelnen Zutaten als Begründung, welche "die rasenden Säfte in den Schläfen des Menschen beruhigt; die Wirkkraft dieser Leber, die deswegen zu Pulver gemacht wird, damit sie sich umso besser dem Haupt des Schmerzpatienten anpasst, mildert nämlich die Raserei des Kopfes."

Bei den Landtieren im 7. Buch nennt sie drei äußerliche Anwendungen. So soll man das Stirnbein des Elefanten in der Sonne erhitzen und dann auf das Haupt legen. "Das soll er oft tun, und sein Gehirn wird warm und gefüllt, und so wird es ihm besser gehen."

Im Kapitel zum Dachs wird eine Salbe aus Dachsleber mit Dachsfett, Gichtbaum und Eberraute beschrieben, mit der man Nacken, Hals, Schläfen und Stirn einreiben soll. Diese Salbe empfiehlt Hildegard auch bei Glieder- und Rückenschmerzen.

Getrocknetes Wieselherz, dünn mit Wachs umhüllt, ist das letzte Heilmittel, das sie in der "Physica" nennt: "Wenn du im Kopf Schmerzen hast, dann leg dieses Wachs mit jenem Herzen eine kurze Weile auf deine beiden Ohren, damit die Wärme von jenem in deinen Kopf eindringt, und es wird dir am Kopf besser gehen."

Einige etwas unspezifischere Anwendungen wurden weggelassen. Alle Angaben gemäß der Übersetzungen von "Causae et curae" und "Physica" durch Prof. Ortrun Riha (Lehrstuhl für Geschichte der Medizin, Uni Leipzig), die von den Eibinger Nonnen herausgegeben wurden:

Letzte Änderungen