Hopfen - Arzneipflanze des Jahres 2007
Humulus lupulus L.
Der Hopfen besitzt eine äußerst wechselvolle Geschichte in der europäischen Medizin. Gemessen an der Tatsache, dass die meisten europäischen Arzneipflanzen bereits seit mehr als 2000 Jahren in Gebrauch sind, kann der Hopfen als eine verhältnismäßig junge Arzneipflanze bezeichnet werden. Die antike Medizin hat ihn jedenfalls nicht verwendet. In der frühmittelalterlichen Klosterkultur gab es zwar bereits Hopfengärten, aber die Mönche und Nonnen nutzten das Rankengewächs nicht direkt medizinisch, sondern zur Konservierung von Getränken. Davon berichten auch Hildegard von Bingen (gest. 1179) und der hoch gelehrte Albertus Magnus (gest. 1280). Das gehopfte Bier ist also eine Erfindung der Mönche.
Im Hochmittelalter waren die Ärzte der arabischen Welt ihren europäischen Kollegen bekanntlich (weit) voraus. Der wichtigste Autor auf dem Gebiet der Botanik und Pharmazie in der arabischen Welt war der in Spanien lebende Abdullah Ibn al-Baytar (1197-1248); er schrieb bereits von der schlaffördernden Wirkung des Hopfens, die heute wissenschaftlich anerkannt ist. Aber auch Hildegard von Bingen und Albertus Magnus deuten an, dass der Hopfen müde macht: die Äbtissin meint, er erzeuge „Melancholie“, und der gelehrte Regensburger Bischof schreibt, Hopfen mache einen schweren Kopf.
Aber dieses Wissen ging im Zeitalter der Renaissance weitgehend verloren.
So blieb es dem ausgehenden 18. Jahrhundert vorbehalten, die schlaffördernde Wirkung wieder zu entdecken. Ursache dafür war unter anderem der englische König Georg III. (1738-1820), der auch Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg und ab 1815 König von Hannover war. Georg wurde zeitlebens von schweren gesundheitlichen Problemen geplagt. Zumindest seine Schlafstörung soll im Jahr 1787 aber durch die Verwendung von Hopfenkissen gemildert worden sein.
Auch die Ärzte entdeckten den Hopfen als Schlafmittel wieder: für Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836), der zu den bedeutendsten Medizinern an der Wende vom 18. zum 19. Jhdt. zählt, ist der Hopfen ein Bittermittel für die Verdauung und ein Nervenmittel zur Beruhigung. Dem folgt der ebenfalls sehr berühmte Clarus, der 1864 in seinem ‚Handbuch der speziellen Arzneimittel’ den Hopfen gegen Appetitlosigkeit bei Magenkatarrhen, für die Magenschleimhaut und bei Schlaflosigkeit empfiehlt.
Im 20. Jahrhundert kann sich der Hopfen dann als pflanzliches Sedativum etablieren, vor allem in Verbindung mit der Baldrianwurzel. Klinische Prüfungen der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass diese Kombination in der Behandlung von Unruhezuständen und Einschlafstörungen sinnvoll ist.