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Wie der Evangelist Matthäus in seiner Weihnachtsgeschichte berichtet, haben Sterndeuter das neugeborene Kind in Bethlehem besucht um einen künftigen König zu huldigen (Matthäus 2,11). Sie brachten drei Geschenke mit: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Aufgrund der drei königlichen Geschenke, Weihrauch und Myrrhe waren damals genauso wertvoll wie Gold, wurden aus den Sterndeutern oder Weisen drei Könige, die Heiligen Drei-Könige.

Diese Geschichte ist allgemein bekannt, weniger bekannt ist jedoch der Umstand, weshalb die Myrrhe so hoch geschätzt wurde, dass sie geradezu als göttlich betrachtet wurde. Vom griechischen Schriftsteller Plutarch (um 45-125 n. Chr.) wissen wir, dass in den Tempeln Ägyptens jeden Tag am Morgen Weihrauch, am Mittag Myrrhe und am Abend die Räuchermischung „Kyphi“, die neben anderen Zutaten wiederum Weihrauch und Myrrhe enthielt, geopfert wurden. Auch die Juden verwendeten Myrrhe in einem Salböl, mit dem Könige und Priester gesalbt wurden als Zeichen der Heiligung. So bedeutet „Christus“ von griechisch „Christos“, hebräisch „Messias“ nichts anderes als „der Gesalbte“.

Myrrhe war aber nicht nur eine Opfergabe für Götter und Könige und ein Zeichen der Heiligung, vielmehr war sie auch ein begehrtes Arzneimittel. So nutzten die Griechen dieses Harz des Balsambaumes Commiphora myrrha zur Wundbehandlung seit dem 5. Jahrhundert vor Christus. Später erkannten die griechischen Ärzte auch eine schmerzlindernde Wirkung, die nach jüngeren Forschungsergebnissen vorstellbar ist (ein Furanosesquiterpen der Myrrhe, Furanoeudesma 1,3-den, besitzt einen opiatähnlichen Effekt). [Literatur 1]
Außerdem setzten sie Myrrhe gegen chronischen Husten und Asthma und Entzündungen in der Mundhöhle und Mundgeruch ein.

Arabische Ärzte wie Masaryawayh (in Europa Mesarugie genannt, gest. 718) und der berühmte Ibn Sina (Avicenna, um 980-1037) legten dann einen Schwerpunkt der Anwendungen von Myrrhe auf den Magen-Darm-Bereich, wie Koliken, Blähungen und Darmgeschwüre. Diese Anwendungen wurden auch von den europäischen Ärzten des Mittelalters übernommen, wie in den Schriften der Medizinschule von Salerno – der wichtigsten Ausbildungsstätte für Ärzte im hohen Mittelalter – aber auch bei Hildegard von Bingen (1098-1179) zu lesen ist.
Bis in das 20. Jahrhundert hinein hielten sich die Anwendungen der Myrrhe, wobei Erkrankungen der Mundhöhle, die Wundbehandlung und „Verschleimungen“ der Verdauungs- und Atemwegsorgane im Vordergrund standen. [Literatur 2]

Aktuell liegt der Forschungsschwerpunkt auf Beschwerden und Erkrankungen von Magen und Darm. Untersuchungen an der Universität Leipzig von Prof. Karen Nieber (2012) [Literatur 3] und an der Charité in Berlin bei Prof. Jörg-Dieter Schulzke  (2013) zeigten, dass die Darmbarriere stabilisiert wird Darmkrämpfe gelindert werden, was von einer ganz aktuellen Studie an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München unter der Leitung von Prof. Martin Storr (2015) bestätigt wird. [Literatur 4]
 
Eine Studie unter Leitung von Dr. Rainer Stange, Immanuel Krankenhaus Berlin, an der sich über 130 Arztpraxen mit über 1.000 Patienten beteiligten, zeigte, dass sich Durchfallbeschwerden und belastende Blähungen bei Patienten besserten, die an  Reizdarmsyndrom, akut-entzündlichen Darmerkrankungen, insbesondere Gastroenteritis („Magen-Darm-Grippe“) oder an chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn) litten. [Literatur 5] Ähnliche Ergebnisse brachte auch eine Studie von Prof. Dr. Jost Langhorst an den Kliniken Essen-Mitte speziell bei chronischer Dickdarmentzündung (Colitis ulcerosa). [Literatur 6]

Der „Reizdarm“ hat unter gesundheitlichen Aspekten eine nicht unbedeutende Relevanz, etwa 5 Millionen Deutsche, vorwiegend Frauen, leiden unter diesem Syndrom. Aber auch bei leichteren Verdauungsbeschwerden, wie sich in den Festtagen zum Jahreswechsel gerne einstellen, kann das Geschenk der Heiligen Drei Könige eine Hilfe sein.

Literaturhinweise:
[1] Stange R.: Myrrhe. Zeitschrift für Komplementärmedizin 2015; 4: 38-39.
[2] Zur Geschichte der Myrrhe: Mayer J. G.: Myrrhe – neue Beobachtungen zur Tradition eines wahrhaft biblischen Arzneimittels. Zeitschrift für Phytotherapie 2015, 36: 103-105.
[3] Vissiennon C. et al.: Calcium antagonistic effects of ethanoli myrrh extract in inflamed smooth muscle preparations. Posterpräsentation anlässlich des Phytokongress 2013 "Phytotherapie im Spannungsfeld zwischen Forschung und Praxis", 8. - 10. März 2013 in Leipzig.
[4] Pumnea T. et al.: In-vitro Untersuchungen zur multimodalen Wirkungsweise von Myrrhinil-Intest® und den Einzelkomponenten auf die intestinale Neurotransmission und Motilität. Posterpräsentation, 43. Jahrestagung Gesellschaft für Gastroenterologie in Bayern e.V., 29.-30. Oktober 2015, Garmisch-Partenkirchen
[5] Albrecht et al.: Efficacy and safety of a herbal medicinal product containing myrrh, chamomile and coffee charcoal for the treatment of gastrointestinal disorders: A non-interventional study. British Medical Journal Open Gastro 2014; 1:e000015
[6] Langhorst J. et al.: Randomised clinical trial: a herbal preparation of myrrh, chamomile and coffee charcoal compared with mesalazine in maintaining remission in ulcerative colitis - a double-blind, double-dummy study. Aliment Pharmacol Ther. 2013 Jul 4

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