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Der Echte Lavendel gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Lippenblütlern und wird seit Jahrhunderten als pflanzliches Arzneimittel zur Beruhigung und Entspannung genutzt. Aufgrund seiner vielfältigen Nutzung in der Geschichte und neu vorliegender Forschungsergebnisse wählt der interdisziplinäre Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde den Echten Lavendel zur Arzneipflanze des Jahres 2020.


Botanik

Der Echte Lavendel (Lavandula angustifolia) ist ein graufilzig behaarter, aromatisch riechender Halbstrauch mit einer Höhe von 30 bis 80 cm. Die aufrechten, stark verästelten Zweige enthalten Öldrüsen, ebenso die gegenständig angeordneten Laubblätter und die Blütenkelche. Die Blüten sind violett bis amethystfarbig. Sie sind in Scheinquirlen angeordnet und bilden einen bis zu 8 cm langen, ährigen Blütenstand. Als Gewürz und in der Heilkunde finden vor allem die Blüten, bei der Destillation auch das gesamte blühende Kraut Verwendung.


Geschichte

Die medizinische Verwendung von Lavendel in Europa reicht bis weit in die griechisch-römische Antike zurück, allerdings stand damals noch der Schopflavendel (Lavandula stoechas) im Vordergrund. Der Name geht auf das lateinische Verb 'lavare' für 'waschen' zurück, da Lavendel schon früh für Waschwasser und Bäder genutzt wurde. Der Echte Lavendel kann als Entdeckung der Klostermedizin bezeichnet werden. Hildegard von Bingen betont den starken Duft und empfiehlt ihn Mitte des 12. Jahrhunderts zur äußerlichen Anwendung sowie gegen Ungeziefer. Daneben war im Mittelalter auch der Speik-Lavendel (Lavandula latifolia) von Bedeutung. Ab dem 16. Jahrhundert entwickelte sich der Lavendel von England ausgehend zu einer beliebten Gartenpflanze. In den berühmten Kräuterbüchern von Leonhart Fuchs 1542/43 werden alle drei Lavendelarten nebeneinander dargestellt.



Moderne

Die heutige medizinische Verwendung des Echten Lavendels verfestigte sich im späten 19. Jahrhundert. Seit dieser Zeit wird er vor allem als Mittel bei nervösen Zuständen und gegen Schlaflosigkeit beschrieben. Trotz der Hinweise aus Medizingeschichte und Volksmedizin wurde jedoch erst nach der Jahrtausendwende ein ehrgeiziges Forschungsprogramm aufgelegt, um die Anwendungsgebiete eines hochdosierten und definierten Lavendelöls in Kapseln abzuklären.

"Von Anfang an zeigte sich dabei eine schöne Verbesserung von Schlafstörungen im Zusammenhang mit psychischer Belastung nach 6-wöchiger Behandlung. Im Folgenden fokussierte sich die Forschung auf das Thema Unruhe und Angstzustände und hier konnte in vielen Placebo-kontrollierten klinischen Studien eine signifikante Wirksamkeit gezeigt werden", sagt Prof. Dr. Dr. Bernhard Uehleke aus Berlin, der selbst an der Forschung beteiligt war (Uehleke et al. 2012).

Zwei aktuelle Übersichtsarbeiten (Kasper et al. 2017, Donelli et al. 2019) konnten eindrucksvoll die Wirksamkeit bei den beanspruchten Indikationen bestätigen. Ein weiterer Impuls kam aus der Grundlagenforschung, wo ein Mechanismus für eine beruhigende, angstlösende Wirkung über Calciumkanäle identifiziert wurde (Schuwald et al. 2013).

"Lavendelöl ist außerdem das am meisten verwendete ätherische Öl in der Aromatherapie und gilt neben dem Rosenöl als Therapeutikum mit den vielfältigsten Anwendungsmöglichkeiten", fügt die Biologin und Aromatherapeutin Dr. Elke Puchtler aus Erlangen an.

Die wichtigsten Anwendungsgebiete des ätherischen Lavendelöls liegen heute im psychischen Bereich. Die beruhigenden, Stress mindernden, Angst lösenden, entspannenden Wirkungen des Lavendelöls stehen hier im Vordergrund. Ätherisches Lavendelöl ist ein wichtiges Therapeutikum bei Stress, Ängsten, Schlaflosigkeit, Neurasthenie, posttraumatischen Störungen und Panikattacken. Besonders geeignet ist hier die Einnahme des ätherischen Lavendelöls in Form von Kapseln, aber auch die äußerliche Anwendung von therapeutisch dosierten Körperölen.



Der interdisziplinäre Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde wurde 1999 an der Universität Würzburg gegründet. Initiator war der damalige Lehrstuhlinhaber für Pharmazeutische Biologie, Prof. Franz-Christian Czygan (gest. 2012). Eine weitere prägende Persönlichkeit war der im März 2019 verstorbene Medizinhistoriker Dr. Johannes Gottfried Mayer, auf den auch noch der Vorschlag für den Lavendel zurückgeht. Nach seinem unerwarteten Tod wurde der Studienkreis über Würzburg hinaus erweitert und wird nun auch von Wissenschaftlern anderer Institutionen wie dem Deutschen Medizinhistorischen Museum in Ingolstadt, dem Deutschen Apotheken-Museum in Heidelberg sowie dem Lehrstuhl für Aroma- und Geruchsforschung an der Universität Erlangen-Nürnberg unterstützt. Vorrangiges Ziel bleibt es, die Geschichte von Pflanzen in der Medizin und ihre pharmazeutische Nutzung zu betonen.


Angeführte Studien:

1. Bernhard Uehleke et al.: Phase II trial on the effects of Silexan in patients with neurasthenia, post-traumatic stress disorder or somatization disorder. Phytomedicine (2012).
doi: 10.1016/j.phymed.2012.02.020

2. Siegfried Kasper et al.: Silexan in anxiety disorders: Clinical data and pharmacological background. The World Journal of Biological Psychiatry (2017).
doi: 10.1080/15622975.2017.1331046

3. Davide Donelli et al.: Effects of lavender on anxiety: a systematic review and meta-analysis. Phytomedicine (2019).
doi: 10.1016/j.phymed.2019.153099

4. Anita M. Schuwald et al.: Lavender Oil-Potent Anxiolytic Properties via Modulating Voltage Dependent Calcium Channels. PLOS ONE (2013).
doi: 10.1371/journal.pone.0059998

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